Der Titel des Tanzstückes Cry Love beschreibt sehr unterschiedliche, fast gegensätzliche, aber grundlegende menschliche Gefühle. Im Vorgängerstück von Cry Love welches den Titel Bacon trägt, habe ich ein Duett choreografiert, in dem die Tänzer weinen, während sie sich lieben. Ich wollte damit zum Ausdruck bringen, dass im Moment der Erfüllung im Menschen immer schon das Bewusstsein vorhanden ist, dass dieser Zustand nicht ewig dauern kann. Körperlich hat man zwar das Gefühl des Einsseins, doch ist zugleich die Endlichkeit dieses Gefühls präsent. Diese Phänomen fasziniert mich.

Früher dachte ich, dass positive und negative Gefühle, wie die eben beschriebenen, nicht im direkten Zusammenhang stehen, bis ich entdeckt habe, dass ganz gegensätzliche Emotionen unmittelbar zusammengehören und zeitgleich existent sind. Das schlägt sich natürlich auch auf die Körperlichkeit nieder. Und genau darum geht es in Cry Love.
Zugleich geht es um das Spannungsfeld zwischen Tod und Leben. In Cry Love gehe ich auch der Frage nach, wo und in welcher Weise der Tod in unserem Leben präsentiert ist. Denn auch das Bewusstsein des Todes tragen wir unser Leben lang in uns.

Das Menschlich – Existenzielle zeigt sich auch in der Form des Stückes. Wir sehen sehr pur -  nur die Tänzerkörper auf der Bühne, zusätzlich gibt es zwei Video Sceens, die ebenfalls nur Körper zeigen. Nichts lenkt vom Wesentlichen ab, und wir beobachten die Tänzer in einem ewigen Kampf des Verlangens und des Zurückgeworfen- Werdens.
Es gibt einerseits den Kampf auf der Bühne zwischen den Menschen, aber auch den inneren Kampf der einzelnen Personen. Es gibt einerseits das Verlangen nach Dominanz, dann aber sehen wir auch die Verletzlichkeit der zunächst so stak Scheinenden. Auch hier haben wir es mit der Polarität im Menschen zu tun, die zeitgleich vorhanden ist. Ich habe versucht, diese Polarität ins Körperliche zu übersetzen. Wir sehen die Tänzer manchmal stark in sich gekehrt, dann plötzlich expressiv und rumgreifend. Man kann nicht stark sein, wenn man nicht die Erfahrung der Verletzlichkeit gemacht hat.